445 Gramm – Müll-Projekt mit vielen Überraschungen

Anfang September starteten Saskia (diafeelings.com), Lea (insulea.de), Lisa (lisabetes.de) und ich ein kleines Projekt (mehr dazu hier). Wir wollten herausfinden, wie viel Müll unser Diabetes produziert und vor allem unsere Pumpen. So sammelten wir vier Wochen lang unseren Abfall. Nun war es Zeit alles auf die Waage zu schmeißen und Bilanz zu ziehen. Mit erstaunlichen Ergebnissen. Mein Pumpenmüll schlug mit gerade mal 445 Gramm zu Buche.

Scharfe Kritik

Aber gehen wir an den Anfang des Projekts zurück. Als wir vier unsere Beiträge veröffentlichen, hagelte es scharfe Kritik. Ich sehe es pragmatisch: Ich wollte eine Diskussion anregen und das haben wir geschafft. Jedoch fokussierte sich diese nicht auf die Beiträge, sondern viele fühlten sich persönlich angegriffen oder glaubten, wir fordern zur Mehrfachbenutzung von Nadeln auf. Das tut mir leid, dass einige das so aufgefasst haben. Allerdings hat keine von uns etwas in diese Richtung geschrieben. Ganz im Gegenteil, ich sprach sogar von den Grenzen der Müllvermeidung und Sterilität.

Das Ganze zeigte mir aber, wie wichtig dieses Thema ist. Viele rechtfertigten sich sofort, dass sie diesen Müll nur machen, um zu überleben. Aber zwischen den Zeilen bedeutet es auch, dass es jedem doch irgendwie bewusst ist, dass eine Diabetestherapie Abfall produziert und das durchaus problematisch ist.

Was produziert mein Diabetes für Müll?

Und genau da wollten wir mal genauer hinschauen. Unser Ziel war es, dass wir herausfinden, was unsere Pumpen und der Diabetes an sich an Müll produzieren. Ich komme insgesamt nicht mal auf ein Kilogramm, wenn ich jede Packung, jeden Teststreifen, das Freestyle Libre etc. auf die Waage lege. Meine Pumpe, die Accu Chek Combo, ist seit 2009 auf dem Markt und seitdem habe ich auch mein Exemplar. Ich hätte gedacht, dass dieses alte Modell auch schlechter abschneidet als OmniPod, YpsoPump und die Medtronic 640g. Aber die Schlauchpumpen lieferten sich ein Kopf an Kopf rennen. Meine hat es auf 445 Gramm Abfall in vier Wochen gebracht.

Meine Pumpe ist gar kein Umweltsünder

Huch! Nicht einmal ein halbes Kilo? Was war da los? Und das Meiste kommt durch die Gebrauchsanweisungen in 27 Sprachen, die meinen FlexLink-Kathetern beiliegen. Stolze 82 Gramm pro Stück wiegen diese. Setzt man die 445 Gramm in Relation mit den etwa 200 Kilogramm, die im Durchschnitt von einer Person in Deutschland pro Jahr produziert werden, dann macht meine kleine Pumpe davon gerade mal mit 5,34 Kilogramm 2,67 % aus. Spare ich an einer anderen Stelle, wie zum Beispiel Tüten, Einwegkaffeebecher, weggeschmissene Lebensmittel etc., dann kann ich meine Umweltbilanz als Diabetikerin ganz schnell ausgleichen.

Ein riesiger Berg Müll (Foto: KMT)

Von der Menge geblendet

Das tückische ist das Volumen! Die Schutzverpackungen für Katheter, Ampullen und Insulin nehmen einfach viel Platz weg und dadurch hat es immer den Anschein gemacht, dass es – zumindest optisch – ein riesiger Müllberg ist. Trennt man den Müll sofern möglich ordentlich und legt die Verpackungen ineinander, sieht man auch optisch, dass es gar nicht so viel ist. Das habe ich erst im Rahmen dieses kleinen Blog-Projekts gemacht und es hat meine Perspektive verändert.

Vermeidungspotential und Think Big!

Schlaue Menschen und Produktdesigner haben unsere Pumpen und auch das ganze Material geplant. Firmen müssen viele Auflagen erfüllen und sich bereits über eine optimale und vertretbare Verpackung bemühen. Gesetze bestimmen dabei, wie Packungen und Informationen zu den Materialien aussehen müssen. Daran müssen sich die Firmen ganz klar halten. Drei Dinge sind mir aber aufgefallen:

  • Abbott nutzt Plastik als Füllmaterial, dies kann definitiv durch Papier wie bei DiaExpert ersetzt werden
  • Gebrauchsanweisungen sind Vorschrift, aber in 27 Sprachen?
  • mehr Großpackungen, weniger Müll
Gebrauchsanweisungen in 27 Sprachen (Foto: KMT)

Gerade letzteres hat viel Potential und erste Ansätze gibt es bereits. Ich kann meine Ampullen zum Befüllen entweder im 5er- oder 25erPack bestellen. Das spart am Karton und auch an den obligatorischen Gebrauchsanweisungen. Wir haben eine chronische Erkrankung und brauchen das Material über einen längeren Zeitraum, das Zubehör ist lange haltbar und so könnte man zumindest beim Kleinkram größere Packungen produzieren und so sparen: Pappe, Papier, Lieferungen (denn auch der Verbrauch des Benzins des Lieferanten könnte mit eingerechnet werden – das ist aber nur was für Profis und mir zu kompliziert).

Wiederverwendungspotential

Nachhaltigkeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass Produkte mehrfach verwendet werden. Und nein, ich meine keine Nadeln! Ich denke, das sollte klar und selbstverständlich sein. Aber zum Beispiel das Füllmaterial bei den Lieferungen kann mehrfach verwendet werden, genauso wie die Kartons. Ich habe die Pappe der Katheterpackungen sogar schon zum Basteln genutzt. Mit ein bisschen Kreativität lässt sich da einiges machen. Das Ordnungssystem in einigen meiner Schubladen besteht ebenfalls aus einigen Katheterkartons. Auch nutze ich meine leeren Teststreifendosen, um benutze zu Sammeln. In meinem tollen Diabetestäschchen sind daher immer zwei Dosen zu finden.

Die wichtigste Nachhaltigkeit bleibt für mich jedoch, dass meine Pumpe über acht Jahre alt ist. Da sie funktioniert und mir kein anderes System mehr bietet (eine sehr persönliche Entscheidung), bleibe ich bei der alten. Ich werde sie tragen, bis der Greis das zeitliche segnet. Auch das ist Müllvermeidung, denn es muss nicht immer das neuste sein und Geräte müssen nicht sofort nach Ablauf der Garantie ausgetauscht werden. Und ich habe auch einen Notfallplan, falls sie plötzlich ausfällt.

Gibt es einen Sieger?

Jein. Wir haben uns um eine Vergleichbarkeit bemüht. Geschaut, ob wir in etwa den selben Insulinverbrauch haben. In einer Tabelle verglichen wir unsere Systeme, so gut es ging. Aber es gibt auch gravierende Unterschiede, die den Vergleich schwierig machen. Zum einen der Unterschied zwischen Schlauchpumpen und Pod. Zum anderen gehört zu Lisas Pumpe eindeutig der Sensor. Auch Saskias YpsoPump hat einen entscheidenden Unterschied, den ich besonders hervorheben möchte: Sie kann vorgefertigte Insulinampullen verwenden. Die Medtronic 640G und die Accu Chek haben ein Ampullensystem, welches man erst befüllen muss. Dieses Umfüllen und der damit verbundene Müll wären überflüssig, wenn Insulinproduzenten und Pumpenhersteller sich hier einig werden könnten.

Besonders kritisch sehe ich das System OmniPod. Es wird damit geworben, dass die Pods recycelt werden. Ich empfinde dies fast als Täuschung, denn die Pods werden zurückgeschickt und dann dort in den Einzelteilen der Müllverbrennung oder -verwertung zugeführt. Also im Grunde genauso nach dem Prinzip der Mülltrennung weggeschmissen, wie ich es auch mit meinem Abfall mache. Aber der grüne Stempel erweckt einen anderen Anschein.

Gewicht Müll OmniPod 640G
Combo YpsoPump
Pumpenzubehör

 

(Batterie, Ampullen, Verschlüsse etc.)

86g (inkl. Insulin)nur Batterie143g11g
Insulin

 

(Durchstechflaschen, Packung, vorgefertigte Ampullen)

 1x Durchstechflasche (10g ohne Packung)53g76g
Katheter mit Schlauch und Verpackung275g+ Reservoirs

 

265g

249g257g
Gesamt361g484g 

 

445g

 

 

 

344g

 


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