T1Day 2018 or don`t try this at home!

Der jährliche T1Day lockte wieder mehrere hundert Diabetiker aus ganz Deutschland am 28. Januar 2018 nach Berlin. Ein ganzer Tag von, mit und für Diabetiker ist das seit vier Jahren bestehende Vorhaben der Veranstalter. Tagungsthema in diesem Jahr war „Safty First“. Dahinter versteckte sich der Trend Insulinpumpen zu kleinen künstlichen Bauspeicheldrüsen umzubauen. Kennern ist diese technische Finesse unter dem Namen Closed Loop bekannt. Fachleute und sogenannte Looper erläuterten auf dem T1Day in ihren Vorträgen, worum es dabei geht, was diese selbstgebauten Closed Loop Systeme leisten können und wiesen auch auf Gefahren sowie rechtliche Probleme hin.

Closed Loop Whoop Whoop!

Ich habe wirklich so gar nichts mit Technik am Hut. Daher musste ich mich vorab selbst erst einmal damit beschäftigen, was es mit diesem Closed Loop auf sich hat. Es reden alle darüber und nun gab es auch einen T1Day, der sich hauptsächlich auf dieses Thema konzentrierte. Hinter dem Wort verbirgt sich ein von Pumpennutzern selbst entwickeltes und gebautes System, dass auch OpenAPS (Open Artificial Pancreas System) genannt wird. Zwischen Pumpe, CGM und einer extra dafür ausgerichteten App (z.B. xdrip) wird eine Verbindung hergestellt, so dass vereinfacht gesagt alle miteinander reden. Das ist nicht mit allen Pumpen möglich, einige benötigen noch einen zusätzlichen Sender, um mit allen Geräten reden zu können. Mir wurde ganz schnell klar, dass man da einiges beachten muss. Aber so viele Typ1er, die weder Informatiker noch irgendwie technisch Affin waren, erzählten, dass sie es geschafft haben. Also scheint das tatsächlich Machbar zu sein. Motto ist: #wearenotwaiting!

(Foto: Saskia Kaup/diafeelings.com)

Don’t try this at home, dear Diabetics!

„Wir missbilligen das zutiefst!“, kommentierte Dr. Frank Best, Diabetologe aus Münster und selbst Looper der ersten Stunde, in seinem Vortrag diesen Trend.  Die Situation, dass Patienten sich eigene künstliche Bauspeicheldrüsen bauen, stellt nicht nur die Fachärzte vor Probleme. Viele rechtliche Fragen sind ungeklärt und eigentlich ist es auch eine absolute Grauzone, dass an medizinischen Produkten „herumgebastelt“ wird. Äußerst überzeugende Zahlen, die die Verbesserung der Blutzuckerwerte und eine nahezu vollständige Vermeidung von schweren Unterzuckerungen belegen, stehen vor allem Haftungsfragen gegenüber. Wer zahlt z.B. einen Unfallschaden, wenn ein solches Closed Loop System versagt und der Träger durch eine Unterzuckerung jemand anderem schadet? Dies ist auch ein Grund, weshalb diese Systeme nicht von Medizinproduktherstellern gebaut werden. In den verschiedenen Vorträgen von Frank Best, Bernhard Gehr und Lutz Heinemann wurde das alles heiß diskutiert. Abschließende Antworten wird es so schnell nicht geben.

Möglichkeiten und Grenzen des Closed Loop Systems

Schon vor dem T1Day 2018 habe ich darüber nachgedacht selbst zu loopen. Da ich vor kurzem einen Dexcom G5 genehmigt bekommen habe, steht mir diese Möglichkeit nun offen. Eine Sache, die mir zu wenig auf dem T1Day thematisiert wurden, sind die Grenzen dieses Systems. Die Vorträge wurden ausschließlich von Befürwortern gehalten, auch wenn diese immer wieder scherzhaft sagten: „Bitte auf keinen Fall nachmachen!“ Ein Closed Loop entbindet nicht von der Eigenverantwortung für die Diabetestherapie, er nimmt keine Arbeit ab. Meiner Meinung nach ist genau das Gegenteil der Fall. Man muss genaustens mitdenken, vorab muss die Einstellung der Basalrate sehr gut sein, das System muss „erzogen“ und gepflegt werden. Zudem steht am Anfang immer die technische Hürde. Eine künstliche Bauchspeicheldrüse verlangt eben nach Mitdenken. Kohlenhydrate und Bolus müssen weiterhin eingegeben werden, es muss kontrolliert werden, welche Entscheidungen das System trifft. Das alles erfordert ein sehr solides medizinisches Grundwissen in Sachen Diabetes.

Wer sich einlesen möchte, kann dies unter folgenden Links machen:

https://openaps.org/

http://www.nightscout.info/

Gab es eigentlich noch ein anderes Thema?

Diese Frage musste man sich tatsächlich zwischendurch stellen. Der T1Day glänzte in den letzten Jahren durch mehr Abwechslung, so dass für jeden etwas dabei war. 2018 dominierte ganz klar das Closed Loop-Thema das Programm. Die wenigen anderen Themen rückten etwas in den Hintergrund. Natürlich ging es in einem Camp, der Austauschmöglichkeit für alle Teilnehmer, um Diabetes und Sport. Der Vortrag von Ulrike Thurm brachte die Perspektive der Typ F’ler ein. Ein Thema, welches ich persönlich gerne viel stärker diskutiert sehen möchte. Ich bin nicht nur Typ 1, sondern gleichzeitig auch ein Typ F. Die Belastung und Sorge, die man als Angehörige eines Diabetikers erfährt, kann enorm sein. Ulrike Thurm warf genau ein Blick auf diesen Aspekt, auch wenn ebenfalls die Entlastung durch technische Errungenschaften mit eingebracht wurde.

(Foto: KMT)

Marktplatz und StartUps

Mein persönliches Highlight ist immer der Marktplatz und die Vorstellung von StartUp-Unternehmen. Der Markplatz ist zum einen eine klassische Messeausstellung mit den großen Unternehmen, die durch ihr Sponsoring den T1Day ermöglichen. Für mich sind die kleinen Stände aber viel spannender. Dort gab es ein wunderschönes Widersehen mit Maren Schinz, die ihre schönen mysugarcase.com-Taschen vorstellte. Und auch mit Kevin Röhl, der mit lumind ein System entwickelt hat, dass Diabetiker durch farbliches Licht über ihre Blutzuckerwerte informiert. Beide nutzten auch die 3-Minuten-Schnellvorstellung, um ihre Ideen und Unternehmen zu präsentieren. Ein für mich neues Projekt war der Unterwäschehersteller Ruby Limes. Ihre Produkte sind nicht nur sexy und modisch, sondern bieten einer Insulinpumpe auch recht geschickt Platz. Genau das richtige für mich!

2019 – auf zum nächsten Klassentreffen!

Das Beste zum Schluss: Der T1Day ist für mich vor allem auch die Möglichkeit liebe Menschen aus der Community wiederzusehen und neue Kennenzulernen. Es ist mein ganz persönliches Klassentreffen, was für mich den wichtigsten Aspekt dieser Veranstaltung herausstellt: Du bist nicht allein! Ich habe auch hier zu Hause meine Dia-Freunde – alles voran die wundervolle Saskia von diafeelings.com. Für viele ist der T1Day jedoch die Plattform, über die sie das erste Mal andere Diabetiker (und dann gleich ca. 500 auf einen Streich) kennenlernen können. Daher freue ich mich sehr, dass es im Januar 2019 den nächsten T1Day geben wird!

(Foto: Marcel Courtial/ishinne-diabetes.de)

7 responses

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  1. Tja, ein wenig mehr Substanz zum Thema ‚Closed Loop‘, sprich: „Welche Vorteile?“ wäre schon angebracht gewesen.
    Ganz kurz: Ich loope seit 1 Jahr, Ergebnis seit ca. 6 Monaten: 0% Werte unter 70, überhaupt keine Hypos mehr, 0% Werte über 200, HBA1 gesenkt um ca. 1%, Standard-Deviation von 50mg/dl auf 25ml/dl gesenkt.
    Noch Fragen?

    1. Ich bin nur kurz auf die Vorteile eingegangen. Das Thema beschäftigt mich momentan sehr intensiv. Die Vorteile sind gewiss nicht von der Hand zu weisen, die Nachteile wurden mir auf dieser Veranstaltung dennoch zu wenig thematisiert. Wenn man seine Therapie selbst in die Hand nimmt oder sie einem System anvertraut, dann sollte man sich meiner Meinung nach beides bewusst machen. Und gerade deshalb liebäugle ich auch immer mehr damit selbst zu loopen. Dann gibt es hier auch bestimmt mehr über die Vorteile zu lesen.

    1. Gerne! Ich drücke Euch weiterhin die Daumen, dass Ihr das Projekt realisieren könnt. Es würde so vielen Diabetikern und Angehörigen helfen!

    1. Super! Vielen Dank!
      Dein Beitrag gefällt mir auch sehr gut, da er genau das hervorhebt, was meiner Meinung nach im Allgemeinen zur kurz kommt. 🙂

  2. Ich höre auch immer nur von Befürwortern des Atmens, die Nachteile werden mir auch hier zu wenig thematisiert.
    Im Ernst: Ich glaube, daß du nur von Befürwortern hörst, liegt daran daß jeder der dieses System mal wirklich ausprobiert hat einfach davon überzeugt ist. Bedenkenträger sind eher die, die es noch nicht erlebt haben. Natürlich gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen; Auch eine Pumpe oder CGM sind nicht für jeden und so ist es halt eine persönliche Entscheidung, ob man eine Entlastung durch Technik möchte oder nicht.
    Noch sind die Systeme nicht so weit, daß man seinen Diabetes einfach vergessen kann und sich um nichts mehr kümmern muss – aber wer z.B. jetzt schon keinen BZ misst und die Pumpe vor der Party zu hause lässt weil das einfach blöd aussieht mit Pumpe wird auch mit einem Loop nicht zurecht kommen.